Kafka am Waldrand. Illustration: Marie Doerfler

Waldgarten von Haus Orplid in Kleinprüfening im Juni und Juli 2024

Ein ländliches Idyll

Im Waldgarten von Haus Orplid auf der Marienhöhe über Kleinprüfening bei Sinzing inszenieren Eva Sixt und Joseph Berlinger Kafkas Zeit auf dem Land – gespickt mit einer aufregenden Fülle von Anekdoten aus Kafkas Leben

Kafka am Waldrand ©Uwe Moosburger

Ottla (Eva Sixt) und Kafka (Alexander Maria Wagner) ©Uwe Moosburger

Kleinprüfening.  1917 war ein Schreckens­jahr. Der Große Krieg verwandelte sich endgültig in ein einziges Massaker. Die krisenhafte Beziehung zu seiner Dauerverlobten Felice Bauer endete jäh und die Ärzte diagnostizierten bei Kafka endgültig seine Krankheit zum Tode. Kafka spottet Franz Kafka über die Diagno­se „Lungen­spitzen­katarrh“: das sei, wie wenn man Ferkelchen sagt, „wenn man Sau meint.“ Der tuber­ku­lo­sekranke Dich­ter zieht fort von Prag, zur Lie­blingsschwester Ottla aufs Land. Zu Gänsen und Grünkohl, Kühen und Kartoffeln. 

Weit weg vom tyranni­schen Vater, von Felice, dem verantwortungs­vol­len Brotberuf, ostjüdischen Flücht­lingsströmen und heimkehrenden Kriegskrüppeln. Und die acht Monate bei Ottla in Zürau werden „die vielleicht beste Zeit seines Lebens“.

Eingebettet in die Kulturlandschaft der Marienhöhe oberhalb des ma­lerisch gelegenen Dorfes Kleinprüfe­ning an der Donau befindet sich am Rand eines kleinen Waldes ein auf Felsen erbautes Fachwerkhaus mit Blick auf Regensburg. Es wurde 1927 von Dr. Fritz Weber geplant und in Anlehnung an Eduard Mörikes fikti­ven Sehnsuchtsort „Haus Orplid“ genannt. Schon damals diente es als romantischer Rückzugsort und auch als Kulisse für Lesungen und Kunstkurse. 2023 erwarben Marie Doerf­ler und Florian Scharf das Haus. Im Zuge der Planung einer rück­sichts­vollen Renovierung bot sich im Sommer 2024 die einmalige Gele­genheit, den Ort temporär als Kultur­raum zu nutzen.

Eine perfekte Gelegenheit also für unseren Kafka, um sich nach dem Ausbruch seiner Lungenkrank­heit auf dem Land zu erholen! Im Stück wird er vom jungen Wiener Pianisten und Komponisten Alexander Maria Wag­ner verkörpert, der auch den Sound­track des Stücks eingespielt hat – vor Ort, auf dem ramponierten Klavier in Haus Orplid. Eva Sixt spielt Kafkas Schwester und Vertraute Ottla, die ihren verträumten, in sich gekehrten Bruder immer wieder mit den großen Fragen seines Lebens konfrontiert; mit seiner Unfähigkeit, Nähe zuzu­lassen und der Vergangenheit mit dem Vater.

Eva Sixt ist auch die Autorin des Stücks, das sie gemeinsam mit Joseph Berlinger inszeniert. Die beiden arbei­ten seit vielen Jahren als Autoren- und Re­gieduo zusammen, zuletzt beim The­aterspektakel »Der Brandner Kasper in der Hölle im Sommer 2023.
»Im Interview erzählen sie von ihrer Zusammenarbeit.

Die Hauptakteure

Eva Sixt

…schreibt, spielt und insze­niert Theaterstücke. Sie ist die Autorin von Kafka am Wald­rand und in der Auf­füh­rung als Kafkas Schwes­ter Ottla zu erleben. Außer­dem ist sie Sän­gerin beim Trio Trikolore, verkör­pert in der ZDF-Krimi­reihe Ein star­kes Team die Rol­le der Ge­richts­medizinerin Dr. Sim­keit und hat mehrere Hörbü­cher eingesprochen.

Alexander Maria Wagner

…ist Komponist und Pianist und lebt in Wien. Er wurde ab 2007 vom Riedenburger Komponisten Franz Hummel ausgebildet und von der Reihe „3sat Kulturzeit“ als „Neuer Symphoniker und Wunder-Teenager“ präsen­tiert.
Er übernimmt die Titelrolle des Franz Kafka.

Joseph Berlinger

…ist Regisseur und Autor von Radio­fea­tures, Büchern, Thea­ter­stücken, Essays, Hör­spielen und -büchern. Ü­ber den Sur­rea­listen und Phan­tas­ten Al­fred Kubin, den Kaf­ka mehr­mals traf, hat er den semi­do­ku­men­ta­ri­schen Spiel­film Der Da­men­herr. Die Heimsu­chung des Alfred Kubin ge­dreht. Bei Kafka am Waldrand ist er zu­ständig für die Insze­nier­ung.

Marie Doerfler

…ist freiberufliche Illustrato­rin und Grafikerin und hat die letzten Jahre in Wien ge­lebt. Sie arbeitet für Verlags­häuser, kulturelle Einrich­tun­gen und Unternehmen. Sie ist auch als Künstlerin Teil des Kafka-Projekts: Sie entwirft das Kostümbild und zeichnet verantwortlich für das Artwork.

Florian Scharf

…hat gemeinsam mit Marie Doerf­ler 2023 das Haus Orp­lid erworben. Der angehen­de Dipl. Inge­nieur und Ar­chitekt setzt sich nun in pla­nerischer Tätigkeit mit der Renovie­rung von Haus Orp­lid aus­ein­ander.
Für Kafka ist er nicht nur Gastgeber – er baut auch die Bühne.

Förderer und Unterstützer

Freies Theater wäre ohne Unterstützung nicht möglich. Unser herzlicher Dank geht daher an:

Ernst-Pietsch-Stiftung

 

Herbert Zimmermann