Theater am Bismarckplatz, 2. Dezember 2023

Auch Erwachsene brauchen Märchen. Rafik Schami erzählt sie meisterhaft.

Ein Fest des Erzählens – opulent, spannend und berührend. Rafik Schami rettet die schönsten Perlen arabischer Erzählkunst vor dem Vergessen und verknüpft sie zu einem persönlichen und poetischen Roman

Rafik Schami © Peter-Andreas Hassiepen

Rafik Schami © Peter-Andreas Hassiepen

Regensburg. Danach gefragt, ob er sich – wenn er denn müsste – für das Schreiben oder das Erzählen ent­schei­­den würde, muss Rafik Schami nicht mal nachdenken: „Ich hätte gerne ein Kaffeehaus, wo ich Abend für Abend auftreten könnte und das Publikum kommt und geht.“
Natür­lich. Schließlich träumte er schon als kleiner Junge davon, Ge­schichtener­zäh­ler zu werden! Denn seine Leidenschaft für Geschichten ent­deckte Rafik Schami schon früh. Das Fenster seines Kinderzimmers ging hinaus zum Innenhof – und dort saßen allabend­lich die Nachbar­in­nen und Nachbarn zusammen und erzählten Ge­schich­ten. Der kleine Ra­fik lauschte ge­bannt – den Nachbarn, aber auch den Ge­schichten aus 1001 Nacht im Radio. Und weil diese im­mer an der spannendsten Stelle mit einem Cliff­hanger endeten, lag er an­schließend im Bett und dachte darü­ber nach, wie die Geschichte wohl wei­terging…
Es dauerte auch nicht lange, bis er selbst zum Erzähler wurde. Erst als ju­gend­licher Geschichtener­zähler auf den Straßen von Damaskus – und später als Autor zahlreicher Bücher. Und es ist bestimmt kein Zufall, dass seine Romane so oft vom Zauber und der Macht von Geschichten und ih­ren Er­zählern handeln.
Am 2. Dezember kam er zu einer ganz besonde­ren Lesung nach Re­gens­­burg. Besonders, denn Rafik Scha­mi ist ein brillanter mündlicher Erzäh­ler. Bei seinen Auf­tritten liest er nicht, er rezitiert auch nicht – son­dern erzählt lebhaft und völlig frei von fantas­tischen Reisen und tie­fen Ge­heim­nissen, verwebt verschie­dene Er­zähl­strän­ge pointiert mitein­ander und zieht sein Publikum sofort in sei­nen Bann. Auf einmal hat man sie leib­haftig vor sich, die char­manten orientalischen Geschichten­er­zähler aus seinen Romanen!
Rafik Schami schreibt seine Ge­schich­ten teils am PC – noch lieber aber handschriftlich während seiner Zugfahrten. Denn Züge, meint er mit einem Grinsen, sind die fliegenden Teppiche des 20. Jahrhunderts. In seinen Geschichten vermischt er Rea­lität und Fiktion, fügt dem Alltag et­was Zauber hinzu. Und obwohl seine Erzählungen so märchenhaft er­schei­nen, sind sie auch immer poli­tisch – Schami schreibt gegen die Diktatur an.
Seit vielen Jahren kommt Rafik Scha­mi immer wieder nach Regensburg – auf Einladung von Ulrich Dombrow­sky. Wir freuen uns sehr, dass wir diesmal als Kooperationspartner dabei waren..