Regensburger Stadtgeschichte(n): Stift Niedermünster

Die Kanonissinnen von Stift Niedermünster

Über ein Jahrtausend verteidigen die Stiftsdamen von Niedermünster ihre Freiheiten und ihren Lebenswandel erfolgreich gegen Kaiser, Bischöfe und den heiligen Wolfgang.

Ausschnitt aus dem Titelbild des Uta-Codex: Äbtissin Uta I. von Niedermünster

Das reichsfreie Damenstift Niedermünster wurde erstmals 890 bezeugt. Seinerzeit gehörte es zu den bedeutendsten deut­­schen Damenstiften – und  zu den merk­würdig­sten Institutionen des Mittel­alters.

Im Ge­gensatz zu Nonnen in Klöstern muss­ten Kanonissinnen – wie man die Stifts­damen auch nennt – nämlich weder ein Gelübde ab­le­gen noch sich in Klausur begeben, auf Privat­be­sitz, ihre Erbansprüche oder Abendessen mit den feinen Herren der Gesellschaft ver­zich­ten. Sie lebten in einer lockeren geistlichen Ge­meinschaft, ihre Haupt­­auf­gabe be­stand im Chordienst und dem Ge­den­ken an die Stifter.

Die Damenstifte waren die einzige Ausbildungs­mög­lichkeit für adelige Mädchen, die Kanonis­sinnen oft hochge­bildet: sie konnten Le­sen und Schreiben, auch auf Latein, und verfügten über umfang­reiche Bibliotheken, in denen sich auch höfische Romane befanden. Die­se waren zwar mit der Morallehre der Kirche nicht un­be­dingt vereinbar, aber unerlässlich für die höfi­sche Ausbildung der Damen – sie entstammten oft dem Hoch­adel und brachten ein entsprechendes Ver­mö­gen als Zustiftung mit.

Und sie verfügten auch über ein gewisses Selbst­bewusstsein, mit dem sie ihr selbstbe­stimm­tes und durch­aus attraktives Leben vehement vertei­digten.

Daran bissen sich – zumindest im Falle des Nieder­münsters – Bischöfe und Kaiser gleicher­maßen die Zähne aus.

So scheiterte der – später heiligge­sprochene – Bischof Wolfgang mit seinem Versuch, im Stift die strenge Benediktinerinnen­regel einzuführen: Er gründete zu diesem Zweck ein wei­teres Stift, Mit­tel­münster, das den anderen Stifts­­damen als strah­lendes Vorbild dienen sollte. Statt dass die Kano­nis­sinnen jedoch wie geplant den Benedik­ti­ner­innen nacheiferten, geschah genau das Gegenteil…

200 Jahre später tauscht der Regensburger Bischof Konrad IV. mit Kaiser Friedrich II. die Stifte Nieder- und Obermünster gegen die Orte Nördlingen und Öhringen. Dabei haben die beiden allerdings nicht mit der Widerspenstigkeit der obersten Stiftsdame gerechnet: Äbtis­sin Tuta reist erbost zum Reichstag nach Würzburg und sorgt dafür, dass der Tausch rück­gängig ge­macht wer­den muss. Mehr noch, sie erstreitet obendrein für sich und ihre Nachfol­gerinnen den Titel „Fürstäbtissin“ und damit Sitz und Stimme im Reichstag.

Stift Niedermünster

Niedermünstergasse

93047 Regensburg

Niedermünster Regensburg Kirchenschiff

Die Niedermünsterkirche

Um das Jahr 700 wurde aus den Gebäuderesten von Militärgebäuden aus dem 3. und 4. Jahr­hun­dert eine Saalkirche errichtet – möglicherwei­se die erste Bischofskirche von Regensburg. Im späten 8. Jahrhundert entstand der Nach­folgebau: die Klosterkirche des Stifts Nie­der­münster – und wurde 955 durch eine größere, dreischiffige Basilika ersetzt, die auch als Grab­lege des Herzogshauses diente. Ab 1146 schließlich wurde die  Niedermünsterkirche wie wir sie heute kennen gebaut. Und das alles kann man heute noch sehen: im document Nieder­münster unter der Nieder­mün­ster­kirche.